Flachsfarbene Mähne, rotbraunes Fell und riesige Kraft - daran erkennt man die Haflinger, eine der beliebtesten Pferderassen der Welt. In ihrer Heimat, den Alpen, wachsen die Ponys unter harten Bedingungen auf. Monatelang bleiben die Herden auf den Bergwiesen, wo sie Hitze und Kälte trotzen und ihre Muskeln trainieren.
Die Geschichte klingt fast zu schön, um nicht wahr zu sein (oder auch nicht):
Als sich vor rund 100 Jahren der Österreichische Kaiser Franz Joseph in den Südtiroler Alpen aufhielt, um seinen Soldaten bei einer Übung zuzuschauen, sattelte man ihm ein kleines, fuchs-farbenes Pferd mit heller Mähne. Hoch hinauf ins Bergdorf Hafling bei Meran sollte es gehen. Ein beschwerlicher, steiler Weg, über Stock und Stein! Der Kaiser zweifelte, ob der zierliche Vierbeiner ihn die schmalen Pfade sicher hinaufbringen würde. Doch das Pony zeigte, was in ihm steckte. Mit unbändiger Kraft trug es seinen Reiter ans Ziel und beeindruckte den Kaiser so sehr, dass die Österreicher beschlossen, alle Pferde dieser Rasse nach dem Namen des Dorfes zu benennen: Haflinger.
Längst haben sich die blonden Muskelpakete aus den Südtiroler Bergen auch andernorts Bewunderung verdient - zum Beispiel im österreichischen Ebbs, wo sich heute eines der wichtigsten Zuchtzentren befindet. Erst im Mai letzten Jahres gewannen die Ebbser Haflinger die meisten Auszeichnungen bei der Weltausstellung - eine Art Schönheitswettbewerb für die wiehernden Vierbeiner. Die Tiroler wissen natürlich, weshalb: Das Erfolgsgeheimnis liegt in der besonderen Aufzucht ihrer Alpenponys.
Mindestens sechs Monate des Jahres leben die Ebbser Hengstfohlen und Jungtiere wie Wildpferde auf den hoch gelegenen Almwiesen. Diese Zeit ist für die Ponys ein echtes Ausdauertraining! Wer ständig Abhänge hinauf- und hinunter tobt, bekommt starke Muskeln und eine gute Kondition. Auf dem harten, felsigen Untergrund lernen die Tiere, sicher und fest aufzutreten: Jeder Ausrutscher könnte einen Sturz zur Folge haben. Außerdem härtet das Leben in der Bergwelt ab: Im Sommer klettern die Temperaturen bei Tage auf bis zu 30 Grad Celsius - nachts fallen sie manchmal auf den Gefrierpunkt! Das wirkt wie eine kalte Dusche nach einem Saunagang. Kein Wunder, dass die Gebirgsponys vielen Krankheiten die kalte Schulter zeigen.
Kraft, Ausdauer und Gutmütigkeit - wegen dieser Eigenschaften sind die Pferde so beliebt. In mehr als 50 Ländern werden sie gehalten. Amerikanische Hobby-Cowboys reiten sie im Western-Stil, im Himalaya-Gebirge schleppen die Tiere Lasten bis in 5000 Meter Höhe. Und in Deutschland, wo es mittlerweile die meisten Haflinger-Fans gibt, gehört fast jedes dritte Pony zu den "kleinen Blonden". Sogar bei Dressur-Turnieren und Kutsch-Wettfahrten gehen sie inzwischen an den Start.
Die Heimat der Energiebündel aber ist Südtirol. Im Vinschgau kam vor 132 Jahren der fuchs-farbene Hengst "249 Folie" auf die Welt. Er gilt als der Stammvater der Haflinger. Seine Vorfahren waren kleine Arbeitspferde. Sie wurden von den Bergbauern zuerst mit Kaltblütern gepaart - von ihnen haben die Haflinger die blonde Mähne. Folies Vater aber war ein Araberhengst. Der kurze, elegante Kopf der Alpenponys weist noch immer auf die Verwandschaft mit dem edlen Vollblüter hin.
Heutzutage ist es verboten, Haflinger mit einer anderen Rasse zu kreuzen. Strenge Regeln schreiben vor, wie die Ponys auszusehen haben. Bei Zuchtschauen kontrollieren die Preisrichter zum Beispiel, ob die Hengste und Stuten ein gleichmäßig fuchsrotes Fell und eine lange, fast weiße Mähne besitzen. Die Tiere sollten zwischen 140 und 150 Zentimeter groß sein und auf der Stirn eine weiße Blesse oder den sogenannten Abendstern tragen. Geschätzt werden außerdem große, wache Augen, ein gut geformter Hals und ein sportlicher Körperbau. Wer auf X-Beinen läuft, mit einem schiefen Gebiss kaut oder einen Riesenschädel hat, wird von der Zucht ausgeschlossen. Bei Schönheitsfehlern kennen die Richter nämlich keine Gnade.
Wurden Haflinger zu Kaiser Franz Josephs Zeiten noch regelmäßig als Tragtiere verwendet oder vor den Pflug gespannt, müssen sie heute nur selten schwere Arbeit verrichten, etwa indem sie gefällte Bäume aus dem Wald ziehen. Die meisten Ponys sind Freizeitpferde - und oft die Lieblinge auf dem Reiterhof. Wohl keine andere Pferderasse bleibt so freundlich und gelassen, wenn Anfänger auf ihrem Rücken hin- und her schwanken. Einen Ausritt querfeldein halten die Blondschöpfe ebenso aus wie Hüpfer auf dem Spring-Pacours oder langes Dressurtraining.
01.02.2006
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