Eines Tages, vor vielen, vielen Jahren (genauer gesagt zu meiner Schulzeit), bin ich mal wieder bei uns im Wald unterwegs gewesen. Durch Zufall bin ich auf einen größeren Jungvogel aufmerksam geworden, der auf dem Boden saß und ständig nach seinen Eltern rief. Die ganze Zeit (ein paar Stunden) passierte nichts weiter, es waren keine Altvögel gekommen um sich um den Jungvogel zu kümmern. Da nahm ich an, dass es sich um einen Nestflüchter handelte. Als es anfing dämmerig zu werden und ich von meinen Eltern Order bekam, rechtzeitig wieder zu Hause zu sein, fing ich den Kleinen ein. Es ging leichter, als ich dachte und ich nahm ihn mit nach Hause. Meinen Eltern zeigte ich mein Sorgenkind und sie sagten mir, dass es eine junge Elster sei.
Sie bekam dann in unserem Kaninchenstall ihr neues zu Hause und etwas zu fressen. Was ich ihr damals gab, weiß ich heute nicht mehr, aber meine Eltern hatten Erfahrung und einen guten Instinkt. Meine Aufgabe war es dann, das Junge regelmäßig zu füttern, morgens vor der Schule, gleich danach, am Nachmittag und am Abend nochmals.
Der Jungvogel wurde auch immer zutraulicher, so dass ich ihn auch aus dem Kaninchenstall lassen konnte und auf meiner Schulter ist er dann auch mit mir im Wald gewesen. Das Fliegen lernte er von alleine.
Eines Tages dann musste der Abschied kommen, da Jacky soweit selbstständig war, dass ich ihn aus meiner Obhut entlassen konnte. An einer Stelle im Wald-Wiesen-Moor-Gebiet, wo ich mit ihm noch nicht gewesen bin, schickte ich ihn wieder auf einen Rundflug. Nachdem er weit genug entfernt war, habe ich mich schnell versteckt und ihn dann noch einige Zeit beobachtet. Er hat laut gerufen und hat mich gesucht. Später bin dann heulend nach Hause geschlichen.
Ein paar Tage später habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin in das Gebiet gegangen, wo ich ihn aussetzte, ich habe ein paar Mal gepfiffen (den Pfiff kannte er gut) und abgewartet. Es dauerte keine 10 Minuten und ich bekam die erhoffte Antwort, Jacky kam angeflogen und hat sich gleich auf meine Schulter gesetzt. Er wollte nicht mehr weg. Also ließ ich ihn sitzen und ging nach Hause. Bei uns auf dem Hof flog Jacky dann in unseren Kirschbaum und blieb dort.
Von da an begleitete er mich meistens morgens zur Schule, blieb dann beim oder im Schulwald, wenn ich mittags wieder raus kam, pfiff ich und Jacky kam angeflogen und begleitete mich wieder nach Hause. Seine Besuche bei mir wurden später auch seltener und dann kam er irgendwann nicht mehr und ich sah ihn auch nicht wieder.
Da ich seine Freundschaft fast ein ganzes Jahr genießen durfte, gönnte ich ihm sein Glück, denn bei den letzten Besuchen kam er nicht alleine, eine zweite Elster begleitete ihn, blieb aber immer auf Entfernung. So nahm ich an, dass er eine Familie gegründet hat und ich habe ihn dann auch nie wieder gerufen.
16.08.2005
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